Mein Name ist Stefan Heyde und ich bin seit vielen Jahren Gesundheits- und Krankenpfleger, wobei ich schon in verschiedenen Einrichtungen gearbeitet und auch vom Krankenhaus, Seniorenzentrum bis zum ambulanten Dienst und vom Krankenpflegehelfer, Krankenpfleger, Fachkraft, stellv. Wohnbereichsleitung bis zur Wohnbereichsleitung meine Erfahrungen sammeln durfte.
Am Anfang meiner Ausbildung wurde mir noch unterrichtet, dass ich für eine Grundpflege 2 Stunden Zeit habe (natürlich inkl. Vor- und Nachbereiten des "Pflegewagens" - also 1 Stunde Pflege für den Bewohner grob gerechnet). Damals hat mir mein Ausbilder auf der ersten Station schon erklärt, dass es zwei Arten der Körperpflege gibt:
Einmal wenn die Schule kommt (alles total professionell) und dann die, wie er es nannte, "Alltagspflege. Diese beschränkte sich meist auf die schnelle "Katzenwäsche" unter Zeitdruck. Meine Fragen in der Krankenpflegeschule damals, wie denn eine Pflege bei z.B. 20 Patienten ablaufen soll, wenn jede Pflege mind. 60min "reine Pflege" ist, wurde mir damals schon nicht beantwortet. Heute weiß ich, weil man damals nie an das Ziel bzw. an die vorgegebene Zeit geglaubt hat. Es ist ein reiner "Lückenfüller", der eben mal so im Gesetz drin steht. Ob es passt, wen interessiert es denn schon.
Nach meiner Ausbildung und den ersten Stellen im Gesundheitssystem, bei denen ich meine Erfahrungen sammeln durfte, habe ich festgestellt, dass dieses Problem nicht nur in der Körperpflege existiert. Es ist faktisch überall vorhanden, in jedem Bereich der Pflege. Verschärft ist die Situation nochmals in den Seniorenzentren, dort ist es aufgrund des Personalschlüssels extrem eng und schon der kleinste Ausfall (durch Krankheit, Kündigung oder Urlaub) kann den mühsam entworfenen Dienstplan sofort ins Kippen bringen. Einspringen, Überstunden oder externe Kräfte sind dann die Folge.
Wie weit das alles gehen kann und was passiert, muss ich keiner Pflegekraft erklären. Einen Auszug davon findet Ihr hier in den anonymen Berichten. Das ist die aktuelle Situation in der Pflege!
Jeden Tag herrscht überall Notstand, das Personal, die Patienten/Bewohner und auch die Angehörigen leiden täglich. Ich habe auch so manche Pflegedienstleitung getroffen, welche einfach daran verzweifelt ist einen Dienstplan zu schaffen der "gedeckt" blieb bis der neue Monat anfing. Weil schlichtweg ihr die Hände durch die engen gesetzlichen Vorgaben und den veralteten Personalschlüssel aus den 90ern gebunden waren und von den Trägern volle Belastung des Hauses gewünscht war.
Bei all diesen Missständen die ich hier beschreibe, werde ich auch immer öfter gefragt, ob für mich ein "Pflexit" in Frage kommt. Warum ich denn in der Pflege bleibe oder noch bin, wenn die Zustände immer schlechter werden und das Gesundheitssystem so nicht mehr funktioniert.
Für mich kommt er nicht in Frage, denn die Wahrheit ist niemand sieht hin. Niemand sieht, oder will die Zustände sehen.
Tragödien, wie unser Gesundheitssystem oder die Zustände der Pflegeberufe, sind unsichtbar. Menschen wenden sich davon ab, fliehen davor, wenn sie können.
Und für mich war es eine harte Erkenntnis, dass ich hierher gehöre. Nicht aus dem Pflegeberuf raus. Nein, am "Bett" bleiben. Den Finger in die Wunde legen und das Beste für die Patienten/Bewohner, Angehörigen und Kollegen rausholen was geht.
Meine Bestimmung liegt in diesem System und in diesem Beruf. Es muss jemanden geben, der den Anfang macht, die vielen Missstände aufzeigt, die Ideen anstößt, die Pflegekräfte nach außen sichtbar macht und ihnen ein Gesicht gibt, einfach jemanden der das erste Stück wieder zusammensetzt.
Dafür bin und bleibe ich da. Ich bleibe in der Pflege. Dafür habe ich die Aktion "Pflege in Not" geschaffen, welche nun diesen Namen seit fast zwei Jahren getragen hatte und nun präziser in "Pflegekräfte in Not" umbenannt wurde.
Ich will mit Ihrer Hilfe versuchen was zu ändern. Für mich ist es der politische Weg geworden, aber ich möchte den Leuten auch einfach zeigen was aktuell und jeden Tag in der Pflege wirklich passiert. Wie schnell dann am Ende auch jeder Einzelne von uns davon betroffen ist und niemand in Krankheit oder Alter eine schlechte Pflege verdient.
Unterhaltet Euch mit Freunden oder Kollegen darüber, bezieht die Patienten/Bewohner und deren Angehörige mit ein und wenn Ihr mögt könnt Ihr mich auch persönlich unterstützen und kontaktieren.